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Fehlende Herstellerangaben und Instruktionsmangel im Sattelbau

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1. Einleitung #

Sättel bestehen aus sicherheitsrelevanten Bauteilen, insbesondere aus dem Sattelbaum und der Sturzfeder. Beide tragen entscheidend zur Stabilität und Sicherheit von Pferd und Reiter bei.
Damit Anpassungen oder Reparaturen fachgerecht durchgeführt werden können, sind genaue technische Angaben des Herstellers unverzichtbar. Fehlen diese Informationen, kann das schwerwiegende Folgen haben – sowohl praktisch als auch rechtlich.


2. Informationspflicht des Herstellers #

Jeder Hersteller ist verpflichtet, Fachbetriebe und Anwender über

  • die Bauweise des Sattelbaums,
  • die zulässige Veränderbarkeit (z. B. Kalt- oder Warmverstellung),
  • die technischen Grenzen (Arbeitsweg, Belastbarkeit),
  • sowie über erforderliche Prüf- oder Sicherheitsmaßnahmen
    klar zu informieren.

Diese Angaben sind nicht nur für die Anpassung relevant, sondern auch für die Beurteilung der Produktsicherheit im Sinne der europäischen Produkthaftung.


3. Wann liegt ein Instruktionsmangel vor? #

Ein Instruktionsmangel (oder Instruktionsfehler) liegt vor, wenn der Hersteller es unterlässt,
den Verwender ausreichend über die sichere Handhabung, Veränderung oder mögliche Risiken des Produkts zu informieren.

Fehlen also konkrete Herstellerhinweise zur Veränderbarkeit des Sattelbaums,
zur Art der zulässigen Verstellung oder zu sicherheitsrelevanten Grenzen,
dann kann das Produkt – rechtlich gesehen – als fehlerhaft gelten,
selbst wenn es technisch unbeschädigt ist.

Instruktionsmangel in der Praxis #

Beispiel aus der Praxis:
Bei einigen Herstellern werden Sättel mit „individuell verstellbarer Kammerweite“ und „stufenlos veränderbarem Kopfeisensystem“ beworben – beispielsweise mit Begriffen wie FSHL-Free Shoulder oder flexibler Carbon-Sattelbaum.

Solche Aussagen klingen technisch fortschrittlich, bleiben jedoch ohne genaue Angaben zu zulässigem Verstellbereich, Häufigkeit und Verfahren unvollständig.

Ohne nachvollziehbare technische Dokumentation oder Freigabe, wie weit oder wie oft ein solcher Sattelbaum tatsächlich verstellt werden darf, kann keine fachgerechte Beurteilung erfolgen.

Nach gängiger Definition liegt damit ein Instruktionsmangel vor, da die Herstellerinformation zur sicheren Nutzung unzureichend ist.

Fazit: Solange die Grenzen und Verfahren nicht eindeutig beschrieben sind, ist von eigenständigen Veränderungen am Sattel abzuraten. Die Verantwortung liegt beim Hersteller, diese technischen Daten offenzulegen und regelmäßig zu aktualisieren.

4. Auswirkungen auf die Praxis #

Ohne klare Herstellerangaben kann kein Fachbetrieb verantwortungsvoll beurteilen,
ob eine Kammerveränderung, Warmverstellung oder andere Anpassung technisch vertretbar ist.

Fehlt diese Grundlage, besteht ein erhöhtes Risiko von:

  • Materialermüdung oder Bruch des Sattelbaums
  • Instabilität im Kopfeisenbereich
  • Sicherheitsmängeln an der Sturzfeder
  • und im schlimmsten Fall von Unfällen mit Personenschäden

In einem solchen Fall sollte der Fachbetrieb dokumentieren, dass keine verwertbaren Herstellerinformationen vorliegen und keine Veränderung am Sattel vorgenommen wird.


5. Verantwortung und Haftung #

Die Verantwortung für einen Instruktionsmangel liegt grundsätzlich beim Hersteller.
Er hat sicherzustellen, dass seine Produkte mit ausreichenden Hinweisen zur sicheren Verwendung in Verkehr gebracht werden.

Für Fachbetriebe bedeutet das:

  • Sie handeln korrekt, wenn sie auf fehlende Angaben hinweisen
  • und dokumentieren, dass eine Veränderung ohne Herstellerfreigabe nicht ratsam ist

„In solchen Fällen ist von Veränderungen am Sattel grundsätzlich abzuraten,
solange keine verbindlichen technischen Informationen des Herstellers vorliegen.“

Diese Vorgehensweise dient dem Schutz von Pferd, Reiter und Betrieb
und sichert zugleich den Nachweis der eigenen Sorgfaltspflicht.


6. Fachliche Schlussfolgerung #

Fehlende oder unklare Herstellerangaben gefährden nicht nur die Sicherheit,
sondern führen auch zu rechtlicher Unsicherheit für alle Beteiligten.

Ein Hersteller, der keine oder unzureichende technische Informationen bereitstellt,
verursacht faktisch einen Instruktionsmangel.
Die Folgen können eine eingeschränkte Nutzbarkeit des Produkts,
eine Haftungsverlagerung auf den Hersteller
und ein Verbot von Veränderungen durch den Fachbetrieb sein.


7. Vorschlag: Sattelpass als Sicherheitsnachweis #

Aus dieser Problematik ergibt sich die logische Forderung nach einem Sattelpass
vergleichbar mit einem Service-Checkheft beim Auto.

Darin könnten u. a. dokumentiert werden:

  • Baumtyp und Konstruktion
  • durchgeführte Kammerverstellungen (Art, Datum, Fachbetrieb)
  • Reparaturen an sicherheitsrelevanten Bauteilen
  • regelmäßige Sicherheitsprüfungen

Ein solcher Nachweis schafft Transparenz, Sicherheit und Nachvollziehbarkeit –
sowohl für den Hersteller als auch für Reiter und Fachbetriebe.


8. Fazit #

Fehlende Herstellerangaben zur Veränderbarkeit eines Sattels sind mehr als nur eine Informationslücke –
sie stellen einen Instruktionsmangel dar.
Ohne klare technische Daten können Anpassungen nicht verantwortungsvoll durchgeführt werden.

Daher gilt:

  • Keine Veränderung ohne Herstellerfreigabe.
  • Dokumentation und Transparenz schützen Fachbetriebe und Kunden.
  • Die Verantwortung für ausreichende Information liegt beim Hersteller.

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