Beritt – meine Erfahrungen
Oft sind Missverständnisse zwischen Pferd und Reiter der Grund, ein Pferd in Beritt zu geben. Meist geschieht das, ohne vorher das Equipment prüfen zu lassen oder die eigene Reitweise zu hinterfragen.
Hier betreten wir eine oft sehr eigensinnige Welt. Es kommt immer wieder vor, dass Bereiter grundsätzlich nur ihren eigenen Sattel benutzen – für jedes Pferd. Oder ausschließlich Sättel einer bestimmten Marke.
Ich wurde sogar schon von Kunden gebeten, mit dem Bereiter zu sprechen, damit dieser den individuell angepassten Sattel verwendet – ohne Erfolg.
Auch Aussagen wie „Ich kann in jedem Sattel reiten“ höre ich regelmäßig. Sitzgröße und Passform spielen angeblich keine Rolle. In all meinen Jahren gab es nur wenige Fälle, in denen ein Bereiter vor oder während des Beritt auf einen Sattelcheck bestanden hat. Dabei ist klar: Ein neues Training verändert das Pferd – der Sattel muss mit angepasst werden.
Habe ich es mit Bereitern/Bereiterinnen und ihren Pferden zu tun, fällt auf, dass Angaben zu Pferd, Reiter und Sattel oft als unwichtig angesehen werden. Man geht davon aus, ich könne das vor Ort einfach „schnell erfassen“.
Was häufiger passiert: Verzweifelte Pferdebesitzer melden sich nach dem Beritt – als letzte Option – zu einem Sattelcheck. Dann finde ich nicht selten gravierende Mängel am Sattel oder Zaumzeug.
Wie soll ich Vertrauen in Bereiter haben, wenn mir Pferde vorgestellt werden, bei denen angeblich alles passt, obwohl sie deutliche Verhärtungen im Rücken zeigen? Oder wenn der Sattel unterschiedlich lange Steigbügelriemen hat, der Bereiter nicht zum Termin erscheint, aber vorher seine Meinung an die Besitzer weitergibt?
Beispiel 12668/17.02.2023:
Ein Sattel, der laut Besitzerin ein halbes Jahr im Beritt auf dem Pferd war:
Die viel zu engen gusseisernen Kopfeisenspitzen wurden durch das Schulterblatt blank poliert. Das Sattelkissen war hart und ungleich, die Strippenführung ungeeignet, der Baum verzogen, die Ortganglänge zu kurz.

Beispiel 12837/27.09.2023:
Ein fünfjähriges Pferd wurde mit einem älteren Bates-Sattel vorgestellt, geritten von einer Bereiterin.
Ortgangenden nicht in den Taschen, Kopfeisen nur noch mit einer Schraube locker befestigt, sichtbar von außen.
Das Kopfeisen hatte Weite M (S-Bar, 78 Grad). Tatsächlich nötig wäre R-Bar XW (98 Grad).
Das Pferd zeigte beidseitige Verhärtungen und einen Schulterschiefstand.
Vier Tage später wurde die Sattelanprobe bewusst hinausgezögert. Nach zwei Stunden wurde der Termin von der Bereiterin wegen angeblicher Taktfehler abgebrochen.

Hinweise und Tipps:
– Vor dem Beritt: Sattel professionell prüfen lassen.
– Größe und Gewicht des Bereiters sollten bekannt sein, um die Sitzgröße korrekt prüfen zu können.
– Jeder falsch belastete Ritt erhöht das Risiko für Verletzungen.
– Wenn Pferde bei einer Anprobe überfordert werden, um dann gezielt Taktfehler zu provozieren, ist das unprofessionell.
– Ziel ist eine tragbare Lösung – kein Showdown.
– Die Zeitfenster der Sattelanprobe sind ausreichend, um Pferd und Reiter nicht zu überfordern und eine gute Entscheidung zu treffen.
Hintergrund
https://welttierschutz.org/tierportrait-pferde/
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