Gebisskunde sollte nicht in Okkultismus münden

Als Sattler und Techniker bin ich dem Messen und Prüfen verbundener als dem Glauben an Weihrauch.
Meine Arbeitsweise am Pferd war schon immer geprägt von Einbeziehung aller Faktoren, eben einer Gesamtschau an Pferd und Reiter. Ich muss mich mit keinem neuen Gebiss für ein Pferd beschäftigen, wenn das Pferd hier Unzufriedenheit zeigt, aber viele andere Dinge, die wir feststellen können, noch gar nicht abgestellt sind. Hierzu gehören unter anderem viele weitere Punkte, wie muskuläre Verspannungen, unpassendes Zaumzeug, unpassende Sättel, zu hohe reiterliche Belastung oder eine zu harte Zügelführung. Ganz klar, Folterinstrumente in Gebissform sind vorneweg auszuschließen.
Erst wenn dies alles kontrolliert und optimiert ist, macht es für mich Sinn hier näher hinzuschauen, da am Gebiss meist nur eine Unzufriedenheit mit einer anderen Einwirkung ausdrückt wird. Und wenn es nur das Backenstück ist, mit dem das Gebiss ein wenig zu hoch geschnallt ist. Aber manchmal habe ich ein Pferd vor mir, das mehr oder weniger immer noch unglücklich zu sein scheint und hierüber Unzufriedenheit signalisiert. Hier würde ich gerne helfen können.
Leider musste ich bereits in Grundkursen schon erfahren, dass alles nur auf eine Verkaufsveranstaltung für Gebisse hinläuft, wenn man sich hierzu weiterbilden möchte. Wissen und Erkenntnisse sollten in klare Worte gefasst werden können, um sie dem Interessierten zu vermitteln.
Ich empfinde es als unzulässig, wenn bestehende und gut bewährte Prüfverfahren am Pferd lässig in Schulungen weggewischt werden, aber nichts Handfestes diesen Platz einnehmen soll. Wenn besuchte Aussteller-Messen hier zu einer Sado Maso-Veranstaltung hochstilisiert werden, auch wenn so mancher „Ausrutscher“ hierunter zu finden ist. Hier baue ich doch auf den gesunden Menschenverstand.
Selbstverständlich habe ich Verständnis für geeigneteres Material von besserer Wärmeleitfähigkeit und gegebenenfalls schlankerer Bauform, nur kann dann nicht am Ende die Aussage des Gebissberaters kommen: Da müssen Sie dem Pferd auch mal ½ Jahr Zeit geben, sich an das neue Gebiss zu gewöhnen.