Meinen Sie, das geht noch?

Bei vielen Fremdsätteln stoße ich in meiner Arbeit schnell an die Grenzen der Veränderungsmöglichkeiten. Meine Aufgabe ist es, Ihnen meine technischen Feststellungen verständlich zu vermitteln und aufzuzeigen, welche Auswirkungen ein unpassender Sattel auf Ihr Pferd hat. Gleichzeitig erkläre ich, welche Bedingungen für eine gesunde Sattellage notwendig und sinnvoll sind.

Anpassung des Pferdes oder echter Sitz des Sattels?

Oft zeigt sich, dass sich Pferde über längere Zeit an einen zu engen oder unpassenden Sattel angepasst haben. Typische Folgen sind:

  • Schulterschiefstand
  • Verhärtungen in der Muskulatur
  • Rumpfabsenkung

Während ein entspannter Körper und eine freie Schulter eigentlich das Ziel sein sollten, feiern manche Reiter oder Fachrichtungen sogar Rumpfabsenkungen oder Kuhlen im Trapezbereich als „gute Sattellage“.

Fehlende Standards im Sattelbau

Da verbindliche Normen im Sattelbau nicht vorgeschrieben sind, hat sich ein wahres Eldorado an Theorien und Marketingphilosophien entwickelt. Doch nicht jede Aussage ist wissenschaftlich fundiert oder zum Wohl des Pferdes gedacht. Fehlstellungen entstehen schleichend, sind später aber nur schwer oder gar nicht zu korrigieren. Pferde arrangieren sich instinktiv mit ihrem Sattel – genau hier liegt die Gefahr für den Reiter, falsche Voraussetzungen zu übersehen.

Wöchentliche Kontrolle: Kopfeisen prüfen

Um rechtzeitig Veränderungen zu erkennen, empfehle ich vielen Kunden eine wöchentliche Kopfeisenkontrolle – etwa im Anschluss an Bodenarbeit oder Bewegung. Mit einer einfachen Schablone des aktuell eingebauten Kopfeisens dauert dies weniger als eine Minute. Der Nutzen ist groß:

  • Frühzeitiges Erkennen von Veränderungen
  • Vermeidung von Verhärtungen und Fehlhaltungen
  • Schonung des Sattelkissens und weniger Wartungsaufwand
Starre Papp-Schablone von einer Kopfeisenweite, um sicher erkennen zu können, was beim Anheben des Vorderbeins des Pferdes noch sicher passt, bereits unnachgiebig herausgehoben wird oder nun Spiel hat und hierüber auch eine Fehlbelastung eingebracht wird.
Papp-Schablone von einem rotem R-Bar Kopfeisen, mit Druckverteiler zu sicheren Kontrolle.

Eine starre Pappschablone, z. B. von einem roten R-bar-Kopfeisen mit Druckverteiler, zeigt zuverlässig, ob der Sattel noch passt, zu eng geworden ist oder bereits Fehlbelastungen verursacht.

Ursachen statt Symptome behandeln

Bevor Schallwellengeräte oder andere Methoden zur Lösung von Verspannungen Standard werden, sollte der Blick auf die Ursachen gerichtet werden: ein unpassender Sattel. Nur so lassen sich Schmerzen, Abwehrreaktionen oder gar gefährliche Situationen – vom Bocken bis hin zu Verletzungen – verhindern.

Meine Antwort auf die Frage „Geht das noch?“

Die oft gestellte Frage, ob ein Sattel „noch geht“, beantworte ich klar, direkt und mit meiner typischen Offenbacher Art: Ich gebe meine fachliche Einschätzung, überlasse die endgültige Entscheidung aber Ihrer Verantwortung und Ihrem Gewissen. Eine Absolution werde ich nicht erteilen – dafür sind andere zuständig.


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