Wann bin ich zu schwer für mein Pferd?

Wie viel Reitergewicht ein Pferderücken verträgt, ohne langfristig einen Schaden zu nehmen, war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand verschiedener wissenschaftlicher Studien und hitziger Diskussionen. Im Idealfall, da sind sich die Forscher mehrheitlich einig, wiegt der Reiter etwa ein Zehntel seines Pferdes. Weil dieses Verhältnis eher die Ausnahme denn die Regel ist, gilt der Bereich zwischen 10 und 15 % (unter Berücksichtigung vom Röhrbeinbelastungsindex) des Pferdegewichts als empfohlenes Maß für einen gesunden Pferderücken. Alles, was darüber liegt, geht in den kritischen Bereich, wobei 20 % als die absolute Obergrenze angesehen wird. Hier greift dann das Tierschutzgesetz.

Was bedeutet dies für meine Arbeit und für unseren Termin?
Wie in meinem Infoblatt Regeln und Hintergründe beschrieben, gibt es Voraussetzungen und Widrigkeiten. Hier bin ich als Fachkundiger in Verantwortung und darf bei Abweichungen nicht die Augen verschließen. Der Toleranzbereich ist hierzu klar umschrieben:
Bei Pferden unter 4 Jahren, Pferden mit gesundem Rücken aber aktuellem BCS (neunstufig, nach Schramme) unter einem Wert von 4.0, einem Wert über 7.0 oder einem reiterlichen Belastungsrahmen über 18 % (unter Berücksichtigung vom Röhrbeinbelastungsindex) behalten wir uns vor, neben der Erfassung und Auswertung, notwendige Einrichtungen, Änderungen oder Veränderungen am Sattel nicht oder nur unter Vorbehalt auszuführen, da kein geeigneter/vertretbarer Wert zum Reiten des Pferdes vorliegt.
Beim Befund auf Kissing spines gehe ich/wir ohne Freigabe und Betreuung eines ausgebildeten Therapeuten von einer Unreitbarkeit des Pferdes aus.

Bei Kissing spines habe ich einen Grenzwert im Belastungsrahmen des Pferdes von 13 % festgelegt und setzte eine spezielle Ausbildung zur Reitweise voraus. Als Anfängerpferde sind solche Pferde generell ausgeschlossen.
Befindet sich die Abweichung im Toleranzbereich, kann man eine Sonderabsprache zum Reiten des Pferdes treffen. Gegebenenfalls möchte ich hierzu noch den zuständigen Tierarzt einbinden. Es muss also eine vernunftgetragene Lösung gefunden werden.
Im Zusammenhang einer aktuellen Behandlung / Therapie oder ein von mir festgestelltem Schmerzverhalten des Pferdes erwarte ich, soweit es in mein Handwerk einspielt und notwendig ist, mich hierüber in Kenntnis zu setzen und mir zu ermöglichen, mich mit dem behandelnden Therapeuten, zum Wohle Ihres Pferdes, auch abzustimmen. Hierzu bedarf es gegebenenfalls einer Entbindung der tierärztlichen Schweigepflicht.

Je nach Sattelmodell, Hüft- und Gesäßform kommen wir nach unserer Erfahrung ab einem Hüftumfang (am breitesten Punkt) von ca. 122 cm in den Grenzbereich für einen 18″-Sattel (Tiefsitzer), da beim Reiten noch ein gewisses Maß hinter dem Gesäß bis zur Efterkante des Sattels benötigt wird. Bei den flachen Cob-Sätteln ist hier meist noch ein gewisser Spielraum vorhanden, das Modell muss aber zum Pferd passen.

Außer mit zierlichen Reitern und Reiterinnen unter den Islandpferde-Reitern macht mir eine Zusammenarbeit wenig Sinn. Meine Regeln hierzu sind klar und wissenschaftlich gestützt.
Als Mitglied der Society of Master Saddlers geht mir Tierschutz/Tierwohl und die Sicherheit der Reiter immer vor wirtschaftlichen Überlegungen.
Daher bitte nicht böse sein, wenn ich Aufträge höflich, aber bestimmend ablehne, bei denen ich diese Voraussetzungen nicht vorfinde.

So mancher Alt-Kunde wird jetzt schlucken und dann kommt auch gleich: Aber früher haben Sie mir doch noch geholfen?
Meine ganz klare Antwort: Nur weil wir früher keine klare Orientierung hatten, etwas nicht besser gewusst haben, dürfen wir nicht an falschem Handeln festhalten. Wir dürfen uns nicht neuen Erkenntnissen verschließen, auf neue Gesetze warten, die unser Handeln dann erst reglementieren, wenn wir heute vorgeben, unsere Tiere zu lieben.

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