Von außen die derzeitige Kammerweite im Sattel zu erkennen

Immer wieder höre ich von Kollegen, die offenbar mit besonderen Fähigkeiten prahlen, da sie behaupten, sie könnten nur durch das Auflegen des Sattels schon von außen sehen, ob der Sattel die richtige Kammerweite für das Pferd hat oder nicht.
Einer gründlichen Überprüfung hält diese Kunst meist jedoch nicht stand und schöpft nicht das Potenzial einer guten und gründlichen Sattelanpassung aus.

Fehlt uns dann noch ein Rücken am Kissen in den Ortgangtaschen, ist die Statik des Kopfeisens/Ortgangs absolut ungesichert, ungeführt und von außen überhaupt nicht einschätzbar.

So etwas sollte nur über eine Schablone oder direkt mit dem Kopfeisen am Pferd kontrolliert werden. Und zwar beide Seiten: was das Pferd aktuell benötigt und wie der Sattel aktuell eingestellt ist.

Auch bei neuen Sätteln können wir selten sicher sein, dass diese nicht doch schon verstellt wurden. Gerade bei enger oder weiter gestellten Sätteln, die in der Front vernäht sind, lässt sich die Kammerweite nur sehr ungenau selbst mit Schablonen von außen bestimmen, da die Ortgangenden in den Taschen stecken und diese vom Kissen verdeckt sind. Da ist rasch mal 1 cm oder mehr als Toleranz drin. Auch die Tragfähigkeit der Ortgänge und der Enden ist so zunächst nicht sicher überprüfbar. Und dieser „Wäscheklammereffekt“ von Sätteln ohne ausreichende Ortsgangstabilisierung wird auch nicht aufgedeckt. Sind die Kissen nur angeschraubt, ist dies für die Kontrolle sehr hilfreich.

Für eine genaue Überprüfung und Anpassung muss daher immer erst das Kissen entfernt werden. Die wenigsten Kunden werden ein lückenfrei geführtes Servicehandbuch zu Ihrem Sattel haben. Daher wird hierbei oftmals erst klar, ob bereits vorhandene Veränderungen den Sattelbaum schon in seinen Grenzbereich der Veränderbarkeit gebracht haben.
Wenn der Sattel geweitet werden muss, ist zudem grundsätzlich anzuraten, dass hierfür das Kissen zu entfernen und nicht, dass durch das eventuell ungleiche Kissen der notwendige Druck eingebracht wird. Hierdurch entstehen ansonsten rasch Asymmetrien im Frontbereich. Zudem sollten die Vernietungen nach diesem Einbringen von massivem Druck (ca. 3,5 t) kontrolliert werden.

Hier lange Ortgänge aus Kunststoff und ein Kopfeisen, dass nur auf Höhe der Steigbügelhalterung mit dem Sattelbaum vernietet ist. Die Spitzen des Kopfeisens sind jedoch nicht mit dem Sattelbaum verbunden und können sich je nach Erwärmung und Belastung des Kunststoff-Sattelbaumes weit voneinander trennen. Somit von außen unsichtbar, eine andere Richtung zum Pferdekörper haben. In diesem Fall (10824/21.05.20239), mit den Eisenenden das Schulterblatt blockieren. Hierdurch konnte der betroffene Bereich nicht aufgebaut werden. Es konnte eine Atrophie (Kuhlen im Schulterbereich), sowie eine Rumpfabsenkung am Pferd festgestellt werden. Die wichtige tragende und überbrückende Funktion der Ortgänge mit dem Kopfeisen ist mit diesem Konstrukt nicht gegeben. Durch die weit hinten liegende erste Strupfe wurde der Sattel dann nach vorn auf das Schulterblatt gezogen. Hier haben dann die Eisenenden auf die hochempfindliche Knorpelplatte der Schulter gedrückt.

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