Vorwort #
Ein Sattel besteht aus mehreren Bauteilen, grob unterteilt in: Obermaterial, Sattelbaum, Kopfeisen, Sattelkissen und Kissenfüllung. Jede dieser Komponenten kann sich stark in Material, Verarbeitung und Qualität unterscheiden. Einführende Infos zu diesem sehr komplexen Thema bekommen Sie hier: Fremdsättel – typische Probleme und Risiken
Das Problem vieler Sattelbäume #
Bei vielen Anfragen muss ich Erwartungen vorab wegen dieses Bauteils am Sattel dämpfen.
Häufig handelt es sich um Maßanfertigungen auf Basis eines Holz-Federstahlbaums, ursprünglich für ein anderes Pferd gebaut.
Viele Hersteller oder Importeure geben keine klare Auskunft zur Veränderbarkeit des Sattels und liefern kein Bild des Sattelbaums. Ohne diese Informationen – und ohne nachvollziehbare Darstellung angeblicher „Innovationen“ – rate ich vom Kauf ab.
Hauptprobleme:


- Veränderung oft nur um wenige Millimeter (max. 10–15 mm) an den Ortgangenden, meist nur einmalig möglich.
- „Verstell- oder austauschbare Kopfeisen“ sind oft fest eingenietet. Austausch wäre nur durch komplettes Zerlegen im Werk möglich, häufig unwirtschaftlich.
- Veränderungen am Pferd (Muskelaufbau, Fettgewebe, Haltung, Gesundheit, Reitereinwirkung etc.) erfordern oft Nachjustierungen – bei solchen Bäumen nur eingeschränkt machbar.
- Fehlende Dokumentation früherer Änderungen macht jede weitere Anpassung riskant. Nieten können sich lösen, der Baum kann brechen – besonders im Bereich der Sturzfedern.

Praxisbeispiel:
Dressursattel, Marke Sommer: benötigtes Winkelmaß ca. 80°, tatsächlich 73°. Ortgang instabil, drückt ins Schulterblatt, Sattelkissen desolat – für das Pferd schmerzhaft.
Kaltverstellungen können das Material stark belasten. Systeme wie TreeClix (z. B. bei Albion, Bliss of London, Empire, Frank Baines, Harry Dabbs, Jeffries, Kentaur, Marcel Sellier, Sankey, Schutte, Stübben, Connect Saddles, The Ideal Saddle Company) bieten hier mehr Spielraum.
- Weitenänderung bis zu 2 Kammerweiten möglich (gesamte Änderung, nicht pro Keilhöhe).
- Winkeländerung von 5 mm entspricht etwa 1° bei 20 cm Ortganglänge – äußerlich kaum sichtbar.
Bisher habe ich ein engeres Stellen solcher Bäume vermieden und die Winkelung, soweit möglich, mit Filzauflagen korrigiert.
Weitere Probleme:
- Bäume ohne Kopfeisen: oft kurze Ortgänge, Kissenwulst im Trapezbereich.
- Warmverstellungen bei Kunststoffbäumen: Material verliert Weichmacher, Formänderung oft nicht dauerhaft, Rückstellkräfte wirken.
- Fehlendes Kopfeisen = fehlende Stabilisierung.




Ergänzende Infos #
- Warum es sich lohnt, Sättel zunächst genauer anzuschauen.
- Normen im Sattelbau
- Ist die derzeitige Kammerweite im Sattel von außen zu erkennen?
- Problematik an einem PDS-Dressursattel
- Warum sollte beim Sattelkauf auch „unter die Haube“ geschaut werden?
- Wie weit wirkt sich eine Kammerveränderung auf den Schwung des Sattelbaums aus?
- Kunststoff-Sattelbaum in der Warmverstellung: Was ist zu beachten?
- Wie wichtig ist ein Kopfeisen?
- Was ist bei einem Sattel mit HS-Kopfeisen zu beachten?
- Was ist bei Sätteln mit Karbon-Sattelbaum zu beachten?
- Der Bauchgurt als Heilsbringer
- Ist der Kauf eines gebrauchten Maßsattels sinnvoll?
