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Das Problem mit vielen Sattelbäumen.

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Vorwort #

Ein Sattel besteht aus mehreren Bauteilen, grob unterteilt in: Obermaterial, Sattelbaum, Kopfeisen, Sattelkissen und Kissenfüllung. Jede dieser Komponenten kann sich stark in Material, Verarbeitung und Qualität unterscheiden. Einführende Infos zu diesem sehr komplexen Thema bekommen Sie hier: Fremdsättel – typische Probleme und Risiken

Das Problem vieler Sattelbäume #

Bei vielen Anfragen muss ich Erwartungen vorab wegen dieses Bauteils am Sattel dämpfen.
Häufig handelt es sich um Maßanfertigungen auf Basis eines Holz-Federstahlbaums, ursprünglich für ein anderes Pferd gebaut.

Viele Hersteller oder Importeure geben keine klare Auskunft zur Veränderbarkeit des Sattels und liefern kein Bild des Sattelbaums. Ohne diese Informationen – und ohne nachvollziehbare Darstellung angeblicher „Innovationen“ – rate ich vom Kauf ab.

Hauptprobleme:

  • Veränderung oft nur um wenige Millimeter (max. 10–15 mm) an den Ortgangenden, meist nur einmalig möglich.
  • „Verstell- oder austauschbare Kopfeisen“ sind oft fest eingenietet. Austausch wäre nur durch komplettes Zerlegen im Werk möglich, häufig unwirtschaftlich.
  • Veränderungen am Pferd (Muskelaufbau, Fettgewebe, Haltung, Gesundheit, Reiter­einwirkung etc.) erfordern oft Nachjustierungen – bei solchen Bäumen nur eingeschränkt machbar.
  • Fehlende Dokumentation früherer Änderungen macht jede weitere Anpassung riskant. Nieten können sich lösen, der Baum kann brechen – besonders im Bereich der Sturzfedern.

Vorgang 12907/10.01.2024: Ein Dressursattel der Marke Sommer, an einem Pferd mit hohem Widerrist und aktuell benötigtem Winkelmaß von rund 80 Grad um eine freie Bewegung zu garantieren. Die Winkelung des zu kurzen Kopfeisens beträgt ca. 73 Grad, das Ortgangende ist instabil und nicht tragend mit dem Kopfeisen verbunden. Das Schulterblatt mit seinem hochempfindlichen Schulterblattknorpel hat die Eisenenden inzwischen, durch das desolate Sattelkissen hindurch, mit jedem Schritt blank poliert. Die Strippenführung presst hierbei das zu enge Kopfeisen fest in den aktiven Schulterbereich des Pferdes. So etwas hat für mich den Charakter einer Folter.

Praxisbeispiel:
Dressursattel, Marke Sommer: benötigtes Winkelmaß ca. 80°, tatsächlich 73°. Ortgang instabil, drückt ins Schulterblatt, Sattelkissen desolat – für das Pferd schmerzhaft.


Kaltverstellungen können das Material stark belasten. Systeme wie TreeClix (z. B. bei Albion, Bliss of London, Empire, Frank Baines, Harry Dabbs, Jeffries, Kentaur, Marcel Sellier, Sankey, Schutte, Stübben, Connect Saddles, The Ideal Saddle Company) bieten hier mehr Spielraum.

  • Weitenänderung bis zu 2 Kammerweiten möglich (gesamte Änderung, nicht pro Keilhöhe).
  • Winkeländerung von 5 mm entspricht etwa 1° bei 20 cm Ortganglänge – äußerlich kaum sichtbar.

Bisher habe ich ein engeres Stellen solcher Bäume vermieden und die Winkelung, soweit möglich, mit Filzauflagen korrigiert.

Weitere Probleme:

  • Bäume ohne Kopfeisen: oft kurze Ortgänge, Kissenwulst im Trapezbereich.
  • Warmverstellungen bei Kunststoffbäumen: Material verliert Weichmacher, Formänderung oft nicht dauerhaft, Rückstellkräfte wirken.
  • Fehlendes Kopfeisen = fehlende Stabilisierung.

Gummienden ab knapp unterhalb der Steigbügelaufhängung fixieren hier die Ortgangenden in den Kissentaschen.
Vorgang 12738/14.05.2023: Hier der Einblick in einen T1 mit seinen kurzen Ortgängen, den aufgesetzten Orttaschenführungen und dem sehr wulstig und ungleich aufgepolsterten Frontbereich.
Mit dem sehr wulstig aufgepolsterten Frontbereich und der unsinnigen Absteppung ist dies ein Bremsklotz für das Schulterblatt und zwängt die Muskulatur des Pferdes in eine Atrophie.

Ergänzende Infos #

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