Vorwort #
Um ein Messsystem sinnvoll einsetzen zu können, muss man seine Grenzen und Schwächen kennen. Werden zwei fehleranfällige Systeme kombiniert, steigt die Unsicherheit im Ergebnis deutlich.
Das Saddle-Check Mess-System arbeitet mit Biegelinealen (Kurvenlinealen), die in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich sind. Diese Geräte sind nicht geeicht und ohne zusätzliche Prüfungen nur als Hilfswerkzeuge („Schätzeisen“) einzustufen.
Biegelineale: Ausführung und Handhabung #
- Unterschiedliche Modelle: Aluminium (preiswert, aber wenig einfühlsam) oder Blei (besser anpassbar, aber ebenfalls verschleißanfällig).
- Maßlinien in 7 cm, 14 cm und 21 cm Abständen.
- Abformungen sind nicht fixierbar – es braucht viel Fingerspitzengefühl und kurze Wege vom Pferd zum Aufzeichnungsblatt.
- Materialermüdung erfordert regelmäßigen Austausch.
Alternativ kann ein speziell eingerichtetes 60 cm Kurvenlineal genutzt werden (siehe: FAQ Kurvenlineal als Messbügel nach BVFR).
Grenzen des Systems #
- Die Aufzeichnung stellt nur eine Momentaufnahme im Stand (Tag X) dar.
- Sie sagt nichts über die tragfähige Muskulatur in Bewegung oder die Kopfeisenweite unter Belastung aus.
- Es fehlt ein fester Lot-Punkt. Ungleichheiten werden nur optisch auf dem Blatt sichtbar.
- Über die Verbindung zum TOMAX® HBST – Pferderückenabbilder verstärken sich die Schwächen:
- Mittelwertbildung statt realer Darstellung.
- Pferderücken wirkt gleichmäßiger als in Realität.
- Verspannungen, Schiefstände und muskuläre Defizite werden nicht korrekt abgebildet.

Daher ist es zwingend erforderlich, dass bei jeder Nutzung das komplette Quer- und Längsvermaßungsprotokoll offengelegt wird.
Vollständiges Vermaß-Protokoll nach BVFR #
Das offizielle BVFR-Protokoll (von der FN anerkannt) erweitert die einfache Biegelineal-Methode durch:
- Längen- und Tiefenvermaßung der Oberlinie mit Lotpunkten.
- Zusätzliche Messpunkte: DF (Dornfortsatz) auf C und BU (Bauchumfang) auf D.
- Meine eigene Ergänzung: GL – Kopfeisenlinie, 5 cm hinter dem Schulterblatt.
Diese Messreihe ist die wichtigste Grundlage, um Veränderungen am Pferd über die Zeit nachvollziehbar zu dokumentieren. Nur vollständige Protokolle mit allen Angaben sind für fundierte Beurteilungen oder Gutachten geeignet.
Anmerkungen zur Sattelposition #
- Ein Dressursattel gehört hinter das Schulterblatt. Das ist in jedem Fachbuch nachzulesen.
- Das A-Maß und B-Maß (Schulteransatz) zeigen zwar Verspannungen oder Schiefstände, sind aber nicht geeignet für die Sattelplatzierung.
- Entscheidend ist die Kopfeisenlinie (GL), die inzwischen bei vielen Sattlern an Bedeutung gewinnt.
- Der erste tragende Auflagepunkt liegt in C, zwischen B und D.
- Fotos aus der Praxis zeigen jedoch häufig Fehler im Einsatz des Tomax: Sättel liegen fälschlich auf der ersten Messsäule (A), obwohl diese frei bleiben müsste.
Auch fehlt im Tomax die Darstellung des Rippenverlaufs. Kompetente Stellen (z. B. Saddle Research Trust) weisen darauf hin:
- Der Sattelbaum darf nicht über die letzte Rippe hinausreichen.
- Sattelkissen können etwas länger sein, solange alle übrigen Punkte passen.
- Ein etwas längerer Sattel wird von manchen Pferden toleriert, bleibt aber kritisch zu prüfen.
Fazit #
Den größten Wert liefert die Vermessung und Dokumentation der Oberlinie mit Tiefenmaßen. Nur so lassen sich muskuläre Veränderungen, Schiefstände oder Verspannungen zuverlässig erkennen.
Biegelineale und Systeme wie das TOMAX können als ergänzende Hilfsmittel dienen, ersetzen aber nicht die fachgerechte Analyse in Bewegung und die vollständige Protokollierung nach BVFR mit GL-Erweiterung.
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