Nein. Dieses System liefert lediglich ein statisches Abbild einzelner Messpunkte am Pferderücken im Stand. Für meine Arbeit genügt das nicht. Entscheidend ist für mich der muskuläre und tragfähige Zustand des Pferdes in Bewegung – am besten direkt vor Ort, gemeinsam mit dem Reiter.
Ich nutze seit Jahren das Vermaß-Protokoll zu diesem System, habe es aber um die für mich entscheidende Kopfeisenlinie (GL) erweitert – sowohl im Stand als auch in einer simulierten Bewegung.
Einschränkungen des Systems #
- Kein geeichtes Gerät: Das TOMAX ist weder geprüft noch offiziell abgenommen (z. B. durch TÜV).
- Nur Mittelwerte: Mit seinen fünf Messsäulen werden lediglich Durchschnittswerte im Stand erfasst. Dadurch erscheint der Rücken gleichmäßiger als er tatsächlich ist.
- Einseitige Darstellung: Fett- oder Wassereinlagerungen, Verspannungen oder muskuläre Schieflagen werden nicht realistisch wiedergegeben.
- Technische Probleme: Es kam vor, dass sich einzelne Tragarme am Gerät verhakten.
- Fehlende Linienführung: Die wichtige GL-Linie sowie der Verlauf des letzten Rippenbogens fehlen vollständig. Beides ist für die Beurteilung und Einrichtung eines Sattels wesentlich.
Daher ist dieses System nicht geeignet, um Sättel einzurichten oder allein als Grundlage einer Beurteilung zu dienen.
Praxisbezug: Warum mir das System nicht reicht #
Meine Aufgabe ist es, Sättel in der Bewegung einzurichten – unter Einbeziehung von Pferd und Reiter. Dafür brauche ich keine idealisierten Stand-Abbilder, sondern praxisnahe Daten.
Selbst wenn Messprotokolle genau geführt werden, liefern TOMAX und ähnliche Systeme für mich keinen zusätzlichen Nutzen.
Anforderungen bei Gutachten #
Wird das Gerät im Rahmen einer Begutachtung eingesetzt, müssen alle Aufzeichnungen vollständig offengelegt werden:
- Fotos in Originalgröße, mit erkennbaren Maßpunkten
- Abbildung des gesamten Pferdes (inkl. Hufe)
- Maßstabskontrolle anhand des Stockmaßes
Fehlen solche Nachweise, ist die Nachvollziehbarkeit eingeschränkt – und damit auch das Gutachten selbst.
Problematische Messpositionen #
- Position A und B: zeigen Schulterblatt und Schulteransatz. Sie sind wichtig für Verspannungen und Schiefstände, können aber am symmetrisch aufgebauten TOMAX nicht korrekt erfasst werden.
- Kopfeisenlinie (GL): 3 Finger / ca. 5 cm hinter dem Schulterblatt. Dieser Bereich ist tragend und zeigt häufig Atrophien. Er wird im TOMAX nicht berücksichtigt.
- Position K: wird künstlich zwischen D und E eingefügt – basierend auf Mittelwerten, nicht auf realen Messungen. Genau hier finden sich jedoch oft Druckempfindlichkeiten oder Trageerschöpfungen.
Fotos in Fachartikeln (z. B. Equitrends) zeigen zudem Fehler im praktischen Einsatz, etwa Dressursättel, die fälschlich auf der ersten Messsäule aufliegen.
Fehlende Transparenz #
- Es gibt keine offizielle Bedienungsanleitung für das TOMAX.
- Interpretation und Anwendung sind nicht einheitlich geregelt.
- Angaben zu nachstellbaren Quermaßen fehlen.
- Gerade bei breiten Pferden (A–C) zeigt sich die Problematik besonders deutlich.
Das macht das System in seiner Arbeitsweise nicht nachvollziehbar.
Fazit #
Das TOMAX® HBST bildet den Pferderücken im Stand nur schematisch ab.
- Wichtige Bereiche wie Kopfeisenlinie und letzter Rippenbogen fehlen.
- Mittelwerte verschleiern muskuläre Probleme.
- Transparenz und klare Richtlinien gibt es nicht.
Für meine Arbeit – Sättelanpassung in Bewegung am Pferd – ist dieses System daher nicht geeignet.


👉 Ergänzend verweise ich auf:
- Informationen zum „Saddle-Check Mess-System“
- Handsäule Pferderückenabbilder
- EQUIscan und HORSESHAPE
- Einsatz des Kurvenlineals (BVFR)
- Das Grundproblem statischer Messungen im Stand
Hinweis zum letzten Rippenbogen und zur Umsetzung am TOMAX #
Nach aktuellen Empfehlungen, unter anderem vom Saddle Research Trust, sollte die Länge des Sattelbaums grundsätzlich nicht über die letzte Rippe hinausreichen. Zwar dürfen die Sattelkissen etwas länger sein, doch kann ein zu langer Baum die Beweglichkeit beeinträchtigen. Sind alle übrigen Passpunkte korrekt, wird ein leicht längerer Sattel von manchen Pferden toleriert – dies bleibt jedoch immer ein Risiko.
Zur praktischen Umsetzung der Maße am TOMAX-System ergibt sich folgendes Bild:
- Messposition A entfällt vollständig.
- Position B dient als neue Basis; der Höhenversatz zwischen A und B wird auf Null gesetzt, wodurch alle nachfolgenden Höhenwerte rechnerisch reduziert werden.
- Von B bis E werden die Quervermaßungen (bei 7, 14 und 21 cm) übertragen, die Messsäulen entsprechend dem Maßprotokoll aufgestellt.
- Zusätzlich wird eine künstliche Position K eingefügt, die lediglich den Mittelwert zwischen D und E darstellt. Sowohl Höhe als auch Quermaß beruhen also nicht auf realen Daten, sondern auf rechnerischen Annahmen.
Damit wird das Modell des Pferderückens auf gemittelte Werte reduziert. Eine Ausrichtung der Messsäulen von B aus – sowohl quer als auch längs – bildet die Realität nur unzureichend ab. Diese Vorgehensweise ist fachlich nicht belastbar.
Gerade die entfallenden Positionen A und B sind entscheidend, weil sich hier Schulter-Schiefstände, muskuläre Ungleichheiten oder Verspannungen zeigen können. Werden sie nicht erfasst, fehlt ein zentraler Teil der Beurteilung. Daher sollte bei jeder Begutachtung mit TOMAX eine vollständige Vermaßung samt Aufzeichnungen und Fotos offengelegt werden.
