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Was ist bei Lederbäumen zu beachten?

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Wie ich immer sage: Ich nehme keinen Sattel in den Vertrieb, den ich mir nicht vorher genau von innen angeschaut habe. Aber meist gibt es hierzu auch vom Hersteller eigene Vertriebskonzepte, genauer gesagt, solche, die den Vertrieb über unabhängige Fachhändler und Sattler meiden.

Der Laie selbst sieht nur den äußeren Anschein. Die Werbung verspricht und behauptet sehr viel, doch uns fehlen dann größtenteils die wissenschaftlichen Belege, dass dieses Konzept wirklich zum Wohl des Pferdes ist.

Liest man aufmerksam die ganzen verstreuten Informationen zu solchen Produkten genau durch und analysiert diese, kommt man zum Ergebnis, dass es sich hierbei im Konzept eher um Show- und Zirkusgerätschaften für kurze Lektionen handelt. Nicht um einen Sattel, der mit seinem Aufbau eine gute Druckverteilung und hiermit einen Aufbau des Pferdes oder insgesamt eine entspannte Reiterei zulässt.

Auch finden wir schnell die Schwachstellen dieses nicht druckverteilenden Sattelbaums, wenn wir aufmerksam entsprechende Texte hierzu lesen.
„Achten Sie darauf, dass Sie nicht den Sitzknochen in den langen Rückenmuskel des Pferdes drücken. Verteilen Sie Ihr Gewicht stattdessen auf Ihre Oberschenkel. Diese haben bei den meisten Reitern eine größere Auflagefläche als ein durchschnittlicher Englischsattel.“
Bent Branderup, Akademische Reitkunst, S.28

Bei Sätteln, bei denen die inneren Werte und die Verarbeitung nicht klar dargestellt werden, ist Skepsis erst einmal anzuraten. Daher prüfe ich immer gerne alles selbst, schaue es mir an und mache mir meine Gedanken, ob mich das Konzept überzeugen kann und welche Überlegungen und Erfahrungen hier gegenüberstehen. Mit Sätteln, die hierbei nicht leicht zu öffnen sind und bei denen das Konzept dem Kunden vorzustellen ist, habe ich leider öfter Überraschungen in meiner Werkstatt erlebt.

Vorgang M31130472/10949: Ein typisches Beispiel eines solchen älteren Sattels in der genaueren Untersuchung.

  • Die Bügelriemen-Aufhängungen sind 0,5 cm unterschiedlich angebracht.
  • Die hintere Gurtbefestigung ist ungleich angenäht und verzieht hiermit den Sattel.
  • Hinten (gegenüber der rückseitigen Galerie) ist ein Eftereisen eingebaut (eingenietet), um die Lage, genauer gesagt den Reitersitz, zu stabilisieren. Dieses Eisen ist hier sehr ungleich geformt und drückt somit rechts das Pferd unter dem Reitergewicht mehr als links. Es ist auch schwierig, auszubauen und so, z. B. einer veränderten Rückenlage wieder anzupassen.
  • Als Kopfeisen war ein viel zu enges HS-Kopfeisen eingebaut und wurde zwischenzeitlich gegen einen entsprechenden Nachbau in der geeigneten Kammerweite und mit einer Ortgangverlängerung nachgerüstet, um sicher den Trapezbereich mit dem aktiven Schulterblatt zu überbrücken. Ortgangverlängerung: Diese spezifische Detaillösung ist hier nicht zu sehen.
Aufbau zur Kontrolle
Kontrolle der Bügelriemenaufhängung
Kontrolle der Gurtführung aus rechtem Winkel zur Mittellinie
Schablone links, nach Lotpunkt auf dem Eftereisen ausgerichtet
Schablone rechts, nach Lotpunkt auf dem Eftereisen ausgerichtet
Kontrolle des Eftereisens auf Symmetrie

Die Erfahrung zeigt uns, dass es essenziell ist, nicht nur das Kopfeisen, sondern auch das Eftereisen in der Kontrolle zu behalten. Beide Eisen sind am besten direkt oder mittels Schablone auf dem Pferd zu prüfen, um sicherzustellen, dass nichts drückt oder zu viel Spiel hat.

Im Kontext der Nutzung solcher Sättel am Pferd und Betreuung durch mich erwarte ich eine entsprechende Kunden-Erklärung.

Hier noch eine berechtigte Anmerkung eines geschätzten Bekannten, zu der oben ausgeführten Bemerkung von Herrn Branderup: „Wenn der Sattel hinten zu tief liegt und die Reiter/innen im Easy-Rider-Sitz auf dem Pferd hängen, ist es vollkommen unmöglich, auf den Oberschenkeln und nicht auf den Gesäßknochen zu sitzen.“

Wir erkennen, dass die Rückenlinie eines Pferdes für einen solchen Sattel mit Lederbaum gut vorher zu prüfen ist und sehr gut zu diesem flachen Kissen passen muss, um diesen Einsatz als Sattler und Pferdefreund überhaupt aktuell vertreten zu können.
Alles Weitere ist hiernach der akademischen Reitkunst, mit ihrer recht eigenen Philosophie, zu überlassen.
Eine in der Längsrichtung gestützte und für das Pferd schonende Gewichtsverteilung, wie bei einem normalen englischen Sattel, haben wir definitiv nicht. Das Konstrukt auf Basis eines Lederbaums ist von seiner korrekten Zuordnung hiernach für mich in den Bereich der Reitpads und nicht zu den Sätteln zu bringen.

Wichtiger Hinweis: Daher ist die wöchentliche Kontrolle des Pferdes zur benötigten Kopfeisenwinkelung auf Veränderungen und somit zur Verlagerung des Schwerpunktes auf dem Sattel eine essenzielle Grundvoraussetzung für diese Nutzung und ein wichtiges Kriterium.
Ergänzend hierzu: Warum es sich lohnt Sättel zunächst genauer anzuschauen.

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