Grundsätzliches #
Bei einem Satteltermin bin ich auf Aufmerksamkeit, Vorbereitung und ehrliches Feedback von Reitern oder Pferdebesitzern angewiesen.
Das Erkennen von Sattelproblemen gehört nicht nur in die Hand von Sattlern oder Saddle Fittern. Auch Reiter müssen typische Anzeichen kennen, da Fachleute auf ihre Beobachtungen angewiesen sind.
Wichtig: Nicht jedes Symptom bedeutet automatisch ein Sattelproblem. Genaues Beobachten, Abwägen und Ausschließen anderer Ursachen sind entscheidend.
Körperliche Symptome #
Offene Wunden #
Ein klarer Hinweis auf ein Problem. Sie treten häufig bei Distanzpferden oder nach langer Belastung auf. Ursachen können sein:
- gebrochene Sattelbäume
- lockere Nägel oder Nieten
- falsch gepolsterte Kissen
- verschmutzte Satteldecken oder Fremdkörper
Wunden müssen sofort tierärztlich abgeklärt und behandelt werden.
➡️ Siehe Equine Wound Management (Vetfolio)
Weißes Haar #
Häufig das Ergebnis von Druck durch den Sattel. Meist wird es erst nach dem Fellwechsel sichtbar.
- Manche Stellen normalisieren sich wieder, wenn das Problem behoben wird.
- Garantie gibt es nicht.
Beim Pferdekauf sollten solche Stellen gründlich geprüft werden – sie können auf Rückenprobleme hinweisen.
Schwellungen #
Kurzzeitige Schwellungen nach dem Reiten verschwinden meist schnell. Im Zweifel muss eine Hauterkrankung ausgeschlossen werden.
Narben & Muskelatrophie #
- Narben können das Schwitzen verhindern → Schweißbilder sind nicht zuverlässig.
- Muskelatrophie (Muskelschwund) kann viele Ursachen haben:
Erholt sich die Muskulatur nach Sattelanpassung, dauert dies Wochen bis Monate.
Scheuerstellen #
Entstehen durch Bewegung des Sattels (seitlich, ungleich gepolstert, falsche Gurtung, zu enges Kopfeisen).
Verhaltens- oder Leistungsprobleme #
Verhaltensprobleme #
Nicht jedes „Unarten“-Verhalten ist Ungehorsam. Ursachen können Schmerzen sein. Beispiele:
- Abwehr beim Gurten → Studien zu Rippenfrakturen bei Fohlen und Pferden zeigen Häufigkeit und Folgen.
- Tänzeln beim Aufsteigen → Sattel verkantet am Widerrist. Lösung: Aufstieghilfe.
- Empfindlichkeit beim Bürsten → Hinweis auf Muskelschäden.
- Probleme bei der Hufbearbeitung → können durch Rückenschmerzen bedingt sein.
Weitere Hinweise: Buckeln, Rollen, Zähneknirschen, Schweifschlagen.
➡️ Siehe Dr. Sue Dyson: „Recognizing the 24 Behaviors Indicating Pain in the Ridden Horse”
Leistungsprobleme #
Häufig schwer von Verhaltensproblemen zu trennen.
- „Cold backed“-Pferde: steif nach dem Satteln, bessern sich nach Aufwärmphase. Ursachen: unpassender Sattel, Hufbeschlag, Reiterbalance, Trainingsmethoden.
- Eingeschränkte Schulterfreiheit → Bewegungsprobleme.
- Unklare Lahmheiten/steife Hinterhand → Druck des Sattels auf hinteres Drittel.
Weitere Indikatoren: Stolpern, Scheuen, Probleme beim Versammeln, Verweigern von Sprüngen, plötzliche Geschwindigkeitswechsel, Buckeln oder Steigen.
⚠️ Diese Hinweise sind keine Beweise, sondern nur Verdachtsmomente.
Was hilft nicht weiter? #
- Verallgemeinerungen
- Vermutungen
- unbelegte Zusammenhänge
Beispiel: „Kopfschlagen heißt, der Sattel passt nicht“ – kann sein, muss aber geprüft werden.
Welche Herangehensweise ist sinnvoll? #
- Schritt für Schritt prüfen
- Geduldig Vertrauen aufbauen
- Keine Spontanheilung durch neuen Sattel erwarten
- Verbesserungen benötigen Zeit – Pferde müssen alte Muster verlernen
➡️ Sinnvoll: Routinekontrollen alle 2–3 Monate
Fazit #
Ein Sattelcheck deckt nicht alle Probleme ab. Ein kompletter Rundum-Check erfordert mehrere Fachleute und viel Zeit.
➡️ Empfehlenswerter Artikel: Cavallo – Rundum-Check fürs Pferd (Anmerkung: Die dort empfohlene Sattellösung bewerte ich anders).
➡️ Siehe auch: Dr. Sue Dyson: Onlinekurs zu Schmerzverhalten
Weitere wichtige Themen #
- Narben und ihre Auswirkungen auf die Bewegung
- Möglicher Grund für einen Leistungsabfall beim Pferd, mit starken Schwankungen
- Leistungsschwankungen durch körperliche Einschränkungen
- Probleme bei der Vermaßung im Stand
- Verspannungen im Trapezmuskelbereich
- Unterschiedliche Trainingsphilosophien
- Warum kein Sattelcheck nach der Reitstunde?
- Hinweise zur Terminvorbereitung
- Einsatz des Impression Pads
- Schmerzverhalten erkennen
- Was beim Vorreiten wichtig ist
- Die 24 Schmerz-Verhaltensweisen
- Trensenkunde & Gebisscheck
👉 Tipp: Beobachten statt reden – stilles Zuschauen liefert oft die besten Hinweise.